Dramatischer Sieg der Zweiten

von Volker Gries, Günther Kuban und Wolfram Schneider, 26.09.2012


Friedberg 1 - SV Oberursel 2
:
1 WIM Toth, Lili - Gries, Volker   0 : 1
2 Gabel - Kuban, Günther   1 : 0
3 Krzizok - Schindelmeiser, Frank   1 : 0
4 Kiesewetter - Nichols, Marc   0 : 1
5 Frank - Thieme, Hans   ½ : ½
6 Ranft - Schneider, Wolfram   0 : 1
7 Ahlheim - Nichols, Uwe   1 : 0
8 Diener - Kolompar, Josef   0 : 1

 

Stellt Euch vor: die Bundesliga beginnt wieder und die Eintracht spielt gegen den designierten Absteiger. Gerade mal Halbzeit liegt sie mit 0:3 zurück. Danach besinnt sie sich auf ihre Stärke und gewinnt doch noch mit 4:3. Toll nicht? Nur im Fußball möglich. Sensation!

Wirklich? Einen ähnlich spannenden Verlauf würde die Begegnung in einer kaum wahrgenommenen Randsportart nehmen - im Schach. Friedberg I - Oberursel II. Na gut, obwohl mehr als die Hälfte von Friedberg I dem Verein den Rücken kehrte, mag sie noch nicht der designierte Absteiger sein, auch wenn es viele Fans dieser Idee geben mag. Auch die Tatsache dass, obwohl uns 3 Leute wegen einer Deutschen Meisterschaft fehlen würden, unserem Antrag auf Verlegung widersprochen wurde, dürfte dem Vorschub leisten. Nun ja, wir haben unsere Antwort gegeben!

Aber Friedberg ist eben die große Wundertüte, über die allenthalben in der Vorsaison gerätselt wurde, etwa ob sie von der halben Damenbundesliga, die gemeldet wurde, überhaupt eine einzige Spielerin ans Brett bringen würde (siehe unten Volkers Anmerkungen). Allerdings schwankten die Wertungszahlen der Friedberger auch von immerhin 1590 - 2100!

In Realitas: tatsächlich lagen wir nach ca. 3,5 Stunden mit 0,5 - 3,5 hinten und nur noch Optimisten blieben cool. Immerhin konnte Hans in einer scharfen Partie ein Remis beisteuen. Er hatte einen Bauern geopfert und den gegnerischen König ins Freie gelockt, dafür war er selbst nicht zur Rochade gekommen. Als der gegnereische König zu entkommen drohte,  entschied Hans sich für Remis durch Dauerschach.Unser Captain Günther freute sich diebisch über das, was jetzt kam:

„Ja, es war wunderschön. Aus 0,5-3,5 noch 4,5 - 3,5 machen, einfach gigantisch. Marc war immer überlegen, er war der Einzige, bei dem ich immer auf Sieg gesetzt hatte. Hat er konsequent durchgespielt. Jupp stürzt einem ja häufiger in ein Wechselbad der Gefühle, hatte mal einen Bauern mehr, dann einen weniger, aber mit einer schönen Kombi gleicht er aus und hat in einem remislichen Endspiel dann doch die besseren Ideen. Glück gehabt.

Volker hat großmeisterlich gespielt, gegen Dr. Lili Toth immer solide dagegen gehalten und dann gleich mehrere taktische Schläge innerhalb von 12 Zügen zu Einsatz gebracht, das hat Eindruck hinterlassen. Und die konsequente Umsetzung im Endspiel bis zur letzten Minute, Hut ab!“


Volker kommentiert selbst die entscheidenden Züge:
Aus der Friedberger Mannschaftsaufstellung konnte man im Vorfeld kaum heraus lesen, welche Spieler am Ende wirklich am Brett sitzen würden, war doch an den ersten sechs Brettern der Großteil der zumeist aus Ausländerinnen bestehenden Friedberger Frauenbundesligamannschaft gemeldet.
Insofern war ich sowohl überrascht, als auch erfreut, am ersten Brett mit Weiß gegen WIM Lili Toth antreten zu dürfen.

Nach einer interessanten Eröffnungsphase hatte Schwarz im Mittelspiel mutig die Qualität geopfert, es danach aber versäumt, daraus den erhofften Vorteil zu ziehen. Stattdessen war es mir gelungen, meine Stellung zu konsolidieren und mit dem Turm die d-Linie zu besetzen.
Das war die Stellung nach dem 40. Zug von Schwarz:


41.Sf4xg6 !

Der Springer ist in der Tat tabu, denn nach 41….h7xg6, 42.De3-h6 ist es für Schwarz unmöglich, alle Drohungen zu parieren, z.B.

Analysediagramm: Variante 41….h7xg6, 42.De3-h6

A) 42….Ld6-e5, 43.Dh6xg6 nebst Dg6xc6,
B) 42….Sd7-e5, 43.Lc3xe5 Ld6xe5 (43…De7xe5, 44.Dh6xg6 nebst Td1xd6), 45.Dh6xg6 und wieder Dg6xc6.
C) 42….De7-h7, 43.Dh6xh7 Kg8xh7, 44.Td1xd6 Lc6-b5, 45.Td6-e6, was noch die besten praktischen Chancen auf Verteidigung geboten hätte.

 

Schwarz antwortete jedoch nach sehr langem Nachdenken mit
41….De7-e6

An dieser Stelle verbrauchte ich viel Bedenkzeit zur Prüfung von 42.De3-h6 !, was auch der schnellste Gewinnweg gewesen wäre

Analysediagramm: Variante 42.De3-h6 !

Es könnte folgen:

A) 42….Ld6-e5, 43.Td1xd7 ! De6xg6 (43…Lc6xd7, 44.Dh6-f8#), 44.Td7-d8
B) 42….De6xg6, 43.Dh6xg6 h7xg6, 44.Td1xd6 nebst Td6xg6
C) 42….Sd7xe5, 44.Lc3xe5 De6xg6 (44….Ld6xe5, 45.Dh6-f8#), 45.Dh6xg6, h7xg6, 46.Td1xd6
D) 42….Sd7-f6, 43.Sg6-f4 Ld6xf4, 44.Td1-d8 Lc6-e8, 45.g3xf4

Das alles hatte ich gesehen, allerdings unterlief mir doch ein Rechenfehler, denn ich glaubte, dass

E) 42….Ld6-f8 für Schwarz alles retten würde. Jedoch käme danach 43.Sg6-e7 ! De6xe7, 44.Dh6xc6
oder 43…Kg8-f7 44.Dh6xh7 Kf7-e8, 45.Se7xc6 De6xc6, 46.Dh7xf5 mit klarer Gewinnstellung.


Zurück zur Partie:
Dort verpasste ich also leider diese sofortige Gewinnfortsetzung 42.De3-h6 und wählte die sichere Variante 42.Sg6-f4, also ein kleiner Schönheitsfehler.

42.Sg6-f4 De6-h6, 43.Sf4-d5

was schließlich auch zum Gewinn reichte, wenn es auch noch mehr als zwanzig weiterer Züge bedurfte, in denen ich aber nichts mehr anbrennen ließ, also 1:0 im 65.Zug.

Bravo Volker!

Dieser Eintrag wurde zuletzt am 6.10.2012 geändert.

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