www.sv-oberursel.de Chronik des Schachvereins Oberursel www.hessischer-schachverband.de

Ein bemerkenswerter Mannschaftskampf

20.Februar 1972: SV Oberursel - Königspringer Frankfurt

Seit Jahren weiß man in hessischen Oberligakreisen, daß Mannschaftskämpfe gegen die "Königspringer" zwar reizvoll sind, aber fast immer mit Niederlagen enden.
Selten gelingt es einem Verein, diesem Serienmeister ein Remis abzutrotzen. Noch rarer sind Siege, die nur alle paar Jahre verzeichnet werden.
Als die Starttruppe um "Boß" Hechinger bei uns antrat und wir die Mannschaftsaufstellung IM Soos, Maeder, Staller, Dr.Fahnenschmidt, Besser, Hess , Winz und Weichert er-fuhren, waren wir alle froh, die für den Klassenerhalt nötigen Punkte schon in Oberursel zu haben.Kurz nach zwei Uhr war es dann soweit - der Kampf gegen Gegner und Uhr hatte begonnen.
Wie schon so oft begannen in unserer Mannschaft die Spieler an den hinteren Brettern mit der Punktejagd.
Als erster hatte Thieme, der seine Gegner gern mit gut vorbereiteten Hausvarianten prüft, gegen Weichert eine Gewinnstellung erreicht. Weichert fand in schlechter Stellung nicht die richtigen Verteidigungszüge und gab nach knapp zwei Stunden vor seinem 15. Zug die Partie auf. Fast gleichzeitig meldete Taeger vom Brett 6, daß Hess auf weiteren Widerstand verzichtet bitte. Unser erfolgreichster Spieler mit 5,5 Punkten aus 6 Partien hatte einem Ex- Hessenmeister in einer schwungvollen Angriffspartie gezeigt, wie schnell man mit Weiß gewinnen kann, wenn Schwarz sich schlecht "sizilianisch" verteidigt. Damit ein Zwischenstand von 2:0 für Oberursel.
Sei es, daß dieses unerwartete Ergebnis die "Königsspringer" nervös werden ließ; sei es, daß die Oberurseler Spieler jetzt über sich hinauswuchsen - der Kampf lief nun für Oberursel.
Lange Zeit schlechter stehend erreichte Dr. Zunker gegen Staller durch eine überraschende Abwicklung eine Remisstellung.
Als dann Dr. Fahnenschmidt Gerhardt, der mit den weißen Steinen ausgezeichnet gespielt hatte und klar besser stand, Remis anbot, wurde dieses Angebot akzeptiert, um dem Mannschaftssieg näher zu kommen.
Selbst als Besser durch einen Sieg über Falck auf 3:2 verkürzte, wurde kein Oberurseler unruhig, denn die anderen drei Partien standen gut.
Die Partie zwischen Haubt - Maeder endete sehr schmeichelhaft für Maeder mit remis, denn er hatte die ganze Partie über schlechter gestanden und verdankt das Ergebnis nur einem Zeitnotzug.
Doch wir brauchten dem verschenkten halben Punkt nicht lange nachzutrauern, denn an Brett 7 gewann Schmölcke eine glänzende Angriffspartie mit einer eleganten Schlußkombination. Damit hatten wir 4,5 Punkte! Der Deutsche Vize- Mannschaftsmeister Königspringer Frankfurt war besiegt!
Am Spitzenbrett hat Hessenmeister Escher gegen Soos, der eine Remisstellung gewinnen wollte, bei Abbruch das bessere Spiel, er sollte die Hängepartie gewinnen.
Nachdenklich fuhren die "Königsspringer" nach Hause. Wir fanden: Dieser Februarsonntag war ein bemerkenswerter Tag in unserer Vereinsgeschichte.
(Dr.Reinhard Zunker)
Noch ein weiterer (scherzhafter) Spielbericht:

Deutscher Meister Besser bezwingt Adolar Falck!

oder:

Die Königsspringer halten sich in Oberursel wacker.

In der letzten Oberligarunde mußten die Königsspringer den Gang nach Oberursel antreten, das seit mehr als vier Jahren zu Hause mit seiner 1. Mannschaft ungeschlagen blieb und mit 6:0 Punkten auch das beste Oberligaergebnis der letzten drei Runden zu verzeichnen hatte. Um das Ergebnis in Grenzen zu halten, wurden ein Internationaler Meister, zwei Deutsche Meister, ein Europäischer Juniorenmeister und drei mehrfache Hessenmeister aufgeboten.
Dennoch kamen die Frankfurter recht bald in Schwierigkeiten. Zwar brachte Hess (Königsspringer) am 6. Brett ein interessantes Opfer seiner schwarzen Königstellung an. Taeger (Oberursel) nahm das Opfer jedoch an und Hess hatte für seine schlechte Stellung kein rechtes Äquivalent und mußte die Waffen strecken.
Am 8. Brett setzte Weichert gegen UV-Meister Thieme aus Oberursel geschickt fast seine gesainte Bedenkzeit ein. Es gelang ihm so, die nach dem 15. Zug nicht mehr zu vermeidende Niederlage bis weit nach 16.00 Uhr hinaus zu schieben. Da kurz vor ihm bereits Hess aufgegeben hatte, war der Oberurseler Plan, die Königsspringer von Brett 8 ab der Reihe nach aufzurollen, gescheitert.
Die Oberurseler entschlossen sich danach, umzudisponieren und zunächst die Mitte zu konsolidieren. Pokalmeister Dr. Zunker (Oberursel) gestattete deswegen Staller am 3. Brett ein Remis, wodurch Mannschaftsführer Hechinger (Königsspringer) erfreut den ersten halben Punkt verbuchen konnte.
Am 4. Brett wurde zwischen Dr. Fahnenschmidt und Gerhardt (Oberursel) ebenfalls remis vereinbart, weil ein Figurengewinn für Oberursel nicht zu vermeiden war und aus taktischen Gründen ein zu früher hoher Rückstand der Königsspringer das neue taktische Konzept verdorben hätte.
In dieser Situation kam jedoch der unerwartete Gegenschlag. Der vorjährige UV-Meister Adolar Falck mußte sich gegen Besser unerwartet geschlagen geben! Der Oberurseler Brett-5-Spieler hatte es zwar sehr geschickt verstanden, den Deutschen Meister in seine Bretthälfte vorzulocken; dort fehlten ihm zum entscheidenden Gegenschlag jedoch die Kräfte. Als er dann noch ein scherzhaftes Remisangebot von Besser nicht ernst nahm, hatten die Königsspringer auf 3:2 verkürzt!
Dafür stand es in den noch offenen drei Partien nicht übermäßig günstig für die Frankfurter:
Maeder (Königsspringer) hatte es an Brett 2 verstanden, sich durch Behauptung seines Damenläufers auf c8 seinen Damenflügel lange zu erhalten. Dafür war er jedoch dem starken Druck der weißen Figuren auf den offenen Geraden und Diagonalen im Zentrum ausgesetzt. Haubt (Oberursel) gelang es nicht, den Druck entscheidend zu verstärken, so daß die Stellung schließlich zum Remis verflachte. Wieder ein halber Punkt für die Königsspringer! Es stand nur noch 2,5 zu 3,5!
An Brett 7 hatte sich zwischenzeitlich Schmölcke (Oberursel) gegen Winz (Königsspringer) durch Bauernopfer eine starke Initiative aufgebaut. Dem Königsspringer gelang es jedoch, durch ein Qualitätsopfer ein einzügiges Matt zu drohen! Schmölcke erkannte jedoch die damit verbundene Gefahr, bannte sie und gewann: 4,5 zu 2,5 für Oberursel.
Am ersten Brett war der Kampf immer noch nicht entschieden. Der Internationale Meister Soos (Königsspringer) leistete dem Hessenmeister Escher (Oberursel) erbitterten Widerstand. Im Mittelspiel hätte Soos sogar das Blatt zu seinen Gunsten wenden können. Er unterließ es dann jedoch, die Stellung im Gleichgewicht zu halten. Zwar weist die Abbruchstellung gleiches Material auf, das Turmendspiel dürfte dennoch für Escher gewonnen sein, da sein Bauer bereits unmittelbar vor dem Umwandlungsfeld steht. Aus gut unterrichteter Quelle ist verlautet, daß die Umwandlung in eine Dame beabsichtigt ist. Hiernach dürfte das Ergebnis 5,5 zu 2,5 lauten.
Unabhängig vom Ausgang der Hängepartien dürften jedoch beide Seiten nach dem Verlauf des Kampfes mit dem Ergebnis zufrieden sein. Es hätte beiderseits durchaus schlimmer ausfallen können.
(Holger Schmölcke aus: Schachverein Oberursel - unabhängige Monatsschrift, März 1972)

Anregungen und Fragen zu dieser Veröffentlichung